BSG: Belegarzt - 39 Minuten Fahrzeit zwischen Sitz und Krankenhaus zu viel
Einer Belegarztanerkennung steht entgegen, wenn die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung i.S.d. § 39 Abs. 5 Nr. 3 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) der von dem Arzt zu betreuenden Versicherten aufgrund der Entfernung zwischen seinem Vertragsarztsitz und dem Krankenhaus mit der Belegabteilung nicht gewährleistet ist. Dies soll wegen der besonderen persönlichen Verantwortung des Belegarztes für seine stationären Patienten sicherstellen, dass der Belegarzt neben seiner ambulanten Tätigkeit bedarfsgerecht im Belegkrankenhaus anwesend sein kann. Die zeitliche Grenze hat das BSG nun mit Urteil vom 17.03.2021 (Az. B 6 KA 6/20 R) bei 39 Minuten zwischen Vertragsarztsitz und Krankenhaus als überschritten angesehen.
Geklagt hatte ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Praxissitz in A auf Belegarztanerkennung in B. Er war im Rahmen einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft an einem weiteren Praxissitz in B tätig. Zwei seiner Praxispartner aus B waren bereits als Belegärzte an einem Krankenhaus in B anerkannt. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung lehnte eine Belegarztanerkennung des Klägers für dieses Krankenhaus ab. Das LSG Bayern verpflichtete die Kassenärztliche Vereinigung zunächst, dem Kläger die Belegarztanerkennung für das Krankenhaus in B als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu erteilen (wir berichteten). Dieses Urteil hob das BSG nun auf und lehnte den Antrag auf Belegarztanerkennung ab.
Bereits aus dem Wortlaut des § 39 Abs. 5 Nr. 3 BMV-Ä ergebe sich, dass auf den Praxissitz abzustellen sei, in welchem der Arzt, der die Belegarztanerkennung begehrt, hauptsächlich seine ambulante vertragsärztliche Tätigkeit ausübt. Dies sei der Praxissitz in A, der vom Belegkrankenhaus ca. 39 Minuten entfernt lag. Die Praxis müsse aber so nahe beim Krankenhaus liegen, dass der Arzt dieses von der Praxis aus typischerweise innerhalb von 30 Minuten erreichen kann. Die geforderte räumliche Nähe zwischen Vertragsarztsitz und Krankenhaus liege somit nicht vor. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger mit anderen Belegärzten der überörtlichen BAG bzw. des Krankenhauses kooperativ im Rahmen seiner Tätigkeit als Belegarzt zusammenarbeiten wolle. Zwar könne durch ein kooperatives Belegarztwesen eine kontinuierliche individuelle Krankenversorgung und eine bessere Zusammenarbeit bei der Abdeckung der Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften sichergestellt werden. Dennoch sei die Belegarztanerkennung stets personenbezogen zu prüfen und zu erteilen. Sofern es im Hinblick auf die Tätigkeiten von Ärzten in (überörtlichen) BAGen und MVZ zur künftigen Gewährleistung der belegärztlichen Tätigkeit geboten erscheine, die Voraussetzungen der Anerkennung als Belegarzt zu modifizieren, sei dies Sache der Partner der Bundesmantelverträge.
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