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  • AutorenbildStephan Grundmann

Abrechnungsbetrug bei unzulässiger Beteiligung eines Apothekers an einem MVZ

Der BGH hat mit Revisions-Urteil vom 19.08.2020 (Az. 5 StR 558/19) weitestgehend die Urteile des Landgerichts Hamburg gegenüber einem Apotheker und zwei Ärzten bestätigt, die über eine Strohmann-Konstruktion dem Apotheker eine unzulässige Beteiligung am MVZ einräumten.

Der BGH stellte klar, dass die Einreichungen der Sammelerklärungen für mehrere Quartale für das MVZ jeweils den Straftatbestand eines Abrechnungsbetruges zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg erfüllten. Bei der Vergütung ärztlicher Leistungen geht die gefestigte Rechtsprechung davon aus, dass der Arzt mit der Abrechnung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zum Ausdruck bringe, die Voraussetzungen für eine Abrechnung würden entsprechend vorliegen. Hiervon ist ausdrücklich auch das Vorliegen der vertragsärztlichen Abrechnungsbestimmungen umfasst. Diese würden aber gerade nicht vorliegen, wenn durch die Strohmann-Konstruktion, in der der mitangeklagte Arzt für den Apotheker die Gesellschaftsanteile der MVZ-Trägergesellschaft hielt, die Beteiligungsvoraussetzungen des § 95 Abs. 1a SGB V bewusst umgangen werden. Die Gegenansichten der Literatur, die der Sammelerklärung einen nur eingeschränkten Erklärungsgehalt beimisst oder die in der Zulassung eines MVZ durch die Zulassungsausschüsse eine Bindungswirkung sieht, durch die die Prüfung der Abrechnungsvoraussetzungen der Kassenärztlichen Vereinigung diesbezüglich entfällt, werden vom BGH ausdrücklich abgelehnt. Durch diese Täuschung entstehe auch ein unmittelbarer Vermögensschaden bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Kassenärztliche Vereinigung kehrt dem MVZ nämlich ein Honorar aus, das diesem aus vertragsärztlichen Regelungen nicht zustehe. Ausdrücklich übernimmt der BGH hier die Wertung des BSG (vgl. zuletzt Beschluss vom 13.05.2020, B 6 KA 27/19) und geht davon aus, dass durch einen Verstoß gegen die sozialrechtlichen Bestimmungen dem MVZ trotz ärztlicher Behandlung der Versicherten bereits kein Zahlungsanspruch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung entstehe, denn das sozialrechtliche Abrechnungssystem sei darauf ausgelegt, dass Zahlungsansprüche durch Leistungserbringer nur erworben werden könnten, soweit diese im Einklang mit den maßgeblichen Regelungen stünden. Gesparte Aufwendungen für eine Behandlung des Versicherten durch einen anderen Arzt müssen als bloße hypothetische Ersatzverläufe im Rahmen der Kausalität unberücksichtigt bleiben. Daher sei durch die Abgabe der Sammelerklärungen eine Strafbarkeit wegen Abrechnungsbetrugs vorliegend gegeben.

Darüber hinaus wurde der Betrug des Apothekers zu Lasten der Krankenkasse ebenfalls bestätigt. Da bei einem kollusiven Zusammenwirken zwischen Apotheker und MVZ keine ordnungsgemäße ärztliche Verordnung der Medikamente angenommen werden könne, täusche der Apotheker bei seiner Abrechnung gegenüber der Krankenkasse über eben diesen Sachverhalt. In der daraufhin geleisteten Bezahlung der Medikamente ist wiederum ein Vermögensschaden zu sehen, da aufgrund der vertragsarztrechtlichen Bestimmungen die Medikamente vorliegend nicht durch die Krankenkasse zu leisten waren.

Lediglich in Bezug auf die Einziehung der Honorare als Tatertrag berücksichtigte der BGH den Personal- und Materialaufwand als abzugsfähige Aufwendungen des MVZ nach § 73d Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz StGB. Denn durch die Erbringung der ärztlichen Leistungen erfülle das MVZ die gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bestehenden Behandlungspflichten.

Das Urteil überführt letztlich die streng formale Argumentation des BSG zum Verlust des Honoraranspruchs bei Verstoß gegen die vertragsärztlichen Bestimmungen auch in die strafrechtliche Bewertung. Neben dem Verlust des Honorars drohen auch strafrechtliche Konsequenzen unabhängig von der Frage, ob die ärztliche Leistung an sich ordnungsgemäß erbracht worden ist.


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