BGH – Gehörsverletzung bei unterlassener Auseinandersetzung mit Parteivortrag
Ergibt sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat, kann eine Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör festgestellt werden. Nach Auffassung des BGH im Beschluss vom 21.06.2022 – VI ZR 1067/20 – sei davon unter anderem dann auszugehen, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten in einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingegangen ist, zugleich der Tatsachenvortrag jedoch nach seinem Rechtsstandpunkt nicht unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war. In dem entschiedenen Fall hatte die Patientin in einem Arzthaftungsprozess bereits in erster Instanz Auszüge aus den vom behandelnden Krankenhaus stammenden Unterlagen vorgelegt. Aus diesen ergab sich unter anderem, dass als Pflegeintervention eine Schmerzerfassung per Selbsteinschätzung mittels VAS vorgesehen war. Es handelte sich dabei um ein zentrales Vorbringen der Klägerin in Bezug auf ihre Behauptung, bei ihrem Aufenthalt im Krankenhaus sei ein solches Schmerzprotokoll dann auch angefertigt worden. Setzt sich das Berufungsgericht mit diesem Vortrag, der ganz erheblich für die Richtigkeit der genannten Behauptung der Klägerin spreche, jedoch nicht auseinander, so lasse dies den Schluss darauf zu, dass das Gericht ihn bei seiner Entscheidung jedenfalls aus den Augen verloren hat.
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