Berufsunwürdigkeit: Ärztin stellt Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen online aus
Das OVG Hamburg hat mit Beschluss vom 15.12.2022 (Az. 3 Bs 78/22) entschieden, dass ein Arzt, welcher im Rahmen des Ausstellens der AU-Bescheinigungen ausschließlich ein Online-Verfahren anwendet, gegen die Berufspflicht aus § 25 der Berufsordnung (hier: Hamburg, im Folgenden: BO) verstößt. Danach haben Ärzte bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung auszusprechen. Der Patient konnte online vorformulierte Antwortmöglichkeiten anklicken, so dass daraufhin etwaig automatisiert eine AU-Bescheinigung in Form einer PDF-Datei generiert wurde, die mit Faksimile-Unterschrift der Ärztin versehen war. Eine solche Handhabung stelle keine Behandlung im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 3 BO dar. Das Gesetz sehe auch keinen ausschließlich „digitalen Praxissitz“ für Ärzte vor. Dies gelte auch in diesem Fall, in dem die Ärztin über keine Vertragsarztzulassung verfügte. Gemäß § 17 Abs. 1 BO ist die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit an die Niederlassung in einer Praxis (Praxissitz) gebunden. Dafür muss der Arzt die personellen, sachlichen und räumlichen Voraussetzungen vorhalten, damit sich Patienten direkt an ihn wenden können und dieser seine ärztliche Kunst nach den anerkannten Regeln ausüben kann. Sinn und Zweck der Regelung sei die räumliche Erreichbarkeit des Arztes für Patienten. Für die Feststellung der Berufsunwürdigkeit eines Arztes sei zudem nicht maßgeblich, ob die ihm vorgeworfene gravierende Verfehlung generell strafbewehrt sei oder gar strafrechtlich geahndet wurde. Sowohl die gegen die Ärztin verhängte Geldbuße als auch der Widerruf der Approbation waren rechtmäßig.
Das OVG Hamburg macht damit klar: Trotz Fortschreiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen und der Möglichkeit von online-Sprechstunden ist der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt ein entscheidendes Merkmal für die Ausübung des ärztlichen Berufs.
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