Abgrenzung zwischen durchgangsärztlicher und „privatärztlicher“ Tätigkeit
Die Klägerin erlitt im Zeitraum vom 26.03.2010 bis zum 23.08.2011 insgesamt fünf Unfälle, wobei es sich bei den drei ersten Unfällen um Schulunfälle handelte. Die Klägerin hielt nun der Beklagten als Verantwortliche für den Durchgangsarzt eine fehlerhafte Behandlung des Letzteren vor. Das Landgericht Frankfurt (Oder) (Az. 14 O 21/18) verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unter dem Hinweis, dass der Durchgangsarzt einen zurechenbaren Fehler am 12.01.2011 dahingehend begangen habe, dass er fehlerhaft die Indikation zur vorderen Kreuzbandplastik nicht erkannt habe.
Hiergegen legte die Beklagte Berufung mit der Begründung ein, dass der verantwortliche Arzt zu diesem Zeitpunkt nicht als Durchgangsarzt tätig gewesen sei, sondern eine privatärztliche Tätigkeit ausübte. Diesbezüglich wurde insbesondere darauf verwiesen, dass der behandelnde Arzt die weitere angeordnete besondere Heilbehandlung selber übernommen und im weiteren Verlauf ein MRT angeordnet habe.
Das brandenburgische Oberlandesgericht hat in seinem Urteil vom 01.09.2020 (Az. 2 U 120/19) der Berufung der Beklagten stattgegeben. Der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass der behandelnde Arzt im vorliegenden Fall nicht als Durchgangsarzt tätig war, sondern seine Tätigkeit in privater Funktion ausübte. In seiner Begründung führt der sachverständig beratene Senat aus, dass die Beurteilung, ob eine vordere Kreuzbandplastik indiziert gewesen sei oder nicht, erst nach der Auswertung des MRTs im Januar 2011 erfolgen konnte. Im Durchgangsarztbericht vom 12.01.2011 sei „Untersuchung, Beratung und MRT veranlasst“ als Erstversorgung vermerkt worden. Weiter sei eine besondere Heilbehandlung durch den behandelnden Arzt angeordnet worden. Der Umstand, dass hinsichtlich des weiteren Vorgehens erst nach Vorliegen des MRTs entschieden werden könne, beweise, dass eine fehlerhafte Entscheidung im Rahmen der durchgangsärztlichen Tätigkeit nicht vorgelegen habe. Die Veranlassung eines MRTs und einer besonderen Heilbehandlung sei nicht zu beanstanden. Insofern liege im Rahmen der durchgangsärztlichen Tätigkeit entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichtes kein Behandlungsfehler vor, entschied das Oberlandesgericht.
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