Vorschuss und Fristsetzung zur Einholung eines Privatgutachtens
Im Rahmen des Rechtsstreits über einen Geburtsschaden hielt die Klägerin der Beklagten umfangreiche Behandlungsfehler unter anderen in Form der Verkennung einer Risikoschwangerschaft, mit Diabetes, Bindegewebsschwäche, familiärer Vorbelastung und vorzeitiger Wehentätigkeit sowie das Verkennen einer Zervixverkürzung vor.
Ein im Rahmen der 1. Instanz eingeholtes gynäkologisches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass kein Behandlungsfehler vorlag. Das Landgericht hatte in diesem Zusammenhang der Klägerin einen Auslagenvorschuss i.H.v. 4.000, - € gemäß § 47 RVG zur Einholung eines Privatgutachtens gewährt, damit die Klägerin die Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen gutachterlich überprüfen konnte. Auf der anderen Seite wiederum setzte das Landgericht einen Verkündungstermin an und verwehrte der Klägerin eine Fristverlängerung zur Vorlage des Privatgutachtens.
Das Oberlandesgericht kam in seinem Urteil vom 26.03.2019 (Az. 26 U 151/18) zu dem Ergebnis, dass der Vorschuss zur Einholung eines Privatgutachtens zu Recht gewährt wurde. Unter dem Aspekt der Waffengleichheit zur Gewährung des rechtlichen Gehörs musste der Klägerin als medizinisch nicht sachkundiger Partei die Möglichkeit gegeben werden zu dem erstatteten Sachverständigengutachten, welches sich über eine große Anzahl von schwierigen medizinischen Fragen verhielt, Stellung zu nehmen. Dies war im vorliegenden Fall nur durch eine anderweitige sachverständige Beratung möglich. Grundsätzlich ist es die Aufgabe der Partei ein entsprechendes Gutachten einzuholen. Im vorliegenden Fall war dies der Klägerin, der Prozesskostenhilfe gewährt worden war, aus eigenen Mitteln nicht möglich. Dementsprechend musste hier ein Vorschuss gewährt werden.
Unter der Voraussetzung, dass ein Vorschuss zur Einholung eines Privatgutachtens zu gewähren ist, ist das entsprechende Gericht auch gehalten, der klagenden Partei dann auch eine ausreichende Frist zur Einholung des Privatgutachtens bzw. zur Stellungnahme zum gerichtlichen Gutachten anhand des Privatgutachtens zu gewähren. Aspekte der Prozessökonomie seien im vorliegenden Prozess als nachrangig anzusehen, da aufgrund der komplizierten Fragestellungen ohnehin mit einer langen Verfahrensdauer zu rechnen sei. Insofern sei auch nicht davon auszugehen, dass die Einholung eines Privatgutachtens im vorliegenden Fall das Verfahren verzögern werde. Auch sei es der Klägerin nicht zumutbar aufgrund der Prozessökonomie einem gegebenenfalls mangelhaftem erstinstanzlichen Verfahren ausgesetzt zu sein. Im Ergebnis hat der Senat den Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurücküberwiesen.