Plausibilität: unvorhergesehene Inanspruchnahme, Dokumentationspflichten, stundenweise Vertretung
Mit Urteil vom 25.03.2021 bestätigte das Sozialgericht München (Az. S 38 KA 262/19) die Aufhebung und Neufestsetzung der Honorare der klagenden Kinder- und Jugendärztin im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung bei Zeitüberschreitung.
Die beklagte kassenärztliche Vereinigung (KV) hielt nach Prüfung die Ansatzhäufigkeit der Gebührenordnungsposition (GOP) 01100 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM; unvorhergesehene Inanspruchnahme) für auffällig. Eine stichprobenartige Prüfung ergab zudem, dass die Dokumentationsanforderungen zu den GOPen 35100 und 35110 EBM nicht erfüllt seien. Darüber hinaus sei eine dritte Ärztin in der Praxis der Klägerin tätig geworden, ohne dass dies genehmigt gewesen sei oder es sich um eine zulässige Vertretung gehandelt habe. Auf Basis dieser Feststellung kürzte die KV das Honorar der Ärztin.
Das Sozialgericht München bestätigte dieses Vorgehen vollumfänglich. Zur unvorhergesehene Inanspruchnahme führte die erkennende Kammer aus, dass diese nur dann vorliege, wenn sich der Arzt zum Zeitpunkt der Behandlung nicht in einer Dienstsituation befunden habe, in der er mit seiner Inanspruchnahme habe rechnen müssen. Neben den üblichen Sprechstunden gelte dies auch für die sog. faktische Sprechstunde. Letztere sei anzunehmen, wenn die Praxis generell für alle Patienten zu einer bestimmten Zeit geöffnet sei. Darüber hinaus müsse die Initiative für die unvorhergesehene Inanspruchnahme von dem Patienten ausgehen. Danach sei die Abrechnung der Klägerin nicht korrekt. Sie habe ihre private Handynummer herausgegeben und im Rahmen dessen u.a. Laborbefunde besprochen. Letztere könnten auch im Rahmen der normalen Sprechstunde erörtert werden.
Zu den Dokumentationspflichten führte das Sozialgericht aus, dass eine fehlende Dokumentation zur Folge habe, dass die medizinische Leistungen als nicht erbrachte gelte. Da die Dokumentationsanforderungen der GOPen 35100 und 35110 EBM weder nach EBM noch nach der Psychotherapierichtlinie erfüllt seien, sei auch hier das Honorar durch die KV in nicht zu beanstandender Weise gekürzt worden.
Auch die unstreitig durchgeführte stundenweise Vertretung einer andere Ärztin sei unzulässig. Es liege keine Vertretung im Sinne von § 32 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte – ZV) oder nach § 17 Bundesmantelvertrag –Ärzte (BMV-Ä) vor. Die vorgenannten Paragrafen seien bei einer stundenweisen Vertretung nicht anwendbar. In derartigen Fallkonstellationen werde der Behandlungsbedarf durch andere Ärzte im Rahmen der Notfallbehandlung abgedeckt.
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