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AutorenbildDr. med. Inken Kunze

BGH: Wahrscheinlichkeitsangaben zu Risiken im Aufklärungsgespräch

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29.01.2019, Az. VI ZR 117/18) müssen sich verbale Risikobeschreibungen in Aufklärungsböge für ärztliche Eingriffe nicht an den Häufigkeitsdefinitionen des Medikamentenbeipackzettels orientieren, dem die Definitionen der MedDRA (Medical Dictionary for Regulatory Activities) zugrunde liegen. Ein Patient müsse „im Großen und Ganzen“ über Chancen und Risiken der Behandlung aufgeklärt werden; genaue oder annähernd genaue Prozentzahlen über die Möglichkeit der Verwirklichung eines Behandlungsrisikos seien jedoch nicht erforderlich. Wird bei einem Risiko zur Prothesenlockerung von 8,71% das Wort „gelegentlich“ benutzt, stelle dies keine Verharmlosung dar, auch wenn im Beipackzettel für Medikamente die gebräuchliche Häufigkeitsdefinition unter „gelegentlich“ eine Wahrscheinlichkeit von nur 0,1 bis 1% erfasst. Entgegen der Rechtsprechung insbesondere des Oberlandesgerichts Nürnberg (OLG Nürnberg VersR 2016, 195, 197; OLG Nürnberg, Urt. v. 07.10.2011 – 5 U 410/11, juris), aber mit gegenteiligen Auffassungen in Literatur (u. a. Kunze, GesR 2015, 534, 535) und Rechtsprechung (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 15.09.2015 – 8 U 115/12) geht der 6. Senat des Bundesgerichtshofs ebenfalls davon aus, dass nach dem allgemeinen Sprachverständnis „gelegentlich“ zwischen „selten“ und „häufig“ liegt und eine statistische Häufigkeit im einstelligen Prozentbereich hiervon erfasst ist. Die im Beipackzettel zugrunde gelegten Definitionen aus dem MedDRA haben nach einer Studie zum „Verständnis von Nebenwirkungen im Beipackzettel“ (Deutsches Ärzteblatt 2013, 669) noch nicht einmal Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch von Pharmazeuten und Ärzten gefunden; insofern könne nicht davon ausgegangen werden, dass das kontextbezogene Sprachverständnis von medizinischen Laien vom Sprachverständnis der Ärzte und Pharmazeuten abweichen würde, zumal es bei Risikoaufklärungen nicht um die Nebenwirkungen von Medikamenten gehe, sondern darum, wie häufig sich das spezielle Risiko eines operativen Eingriffs verwirklicht. Da in der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Aufklärungssituation auch keine Besonderheiten ersichtlich waren, die ein anderes Verständnis als das übliche vermitteln würden, hatte die vom Kläger geführte Revision keinen Erfolg. [if !supportLineBreakNewLine] [endif]

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