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  • AutorenbildDr. med. Stefan Hübel

Diagnosefehler im Rahmen einer Malariaerkrankung bei Vorhalt eines Mitverschuldens des Patienten

Bei der Klägerin traten nach einer Reise im südlichen Afrika erkältungsähnliche Symptome auf. Nachdem sich die Beschwerden zunächst etwas besserten, verschlechterte sich der Zustand der Klägerin erneut. Der beklagte Arzt untersuchte die Klägerin im Rahmen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes zu einem Zeitpunkt nach Mitternacht. Die Klägerin gab an, unter Fieber mit schwerem Durchfall zu leiden. Die Klägerin behauptete, den Beklagten über ihre Afrikareise und die Befürchtung, dass sie an Malaria erkrankt sei, informiert zu haben. Ferner habe sie die Entnahme einer Blutprobe gewünscht. Der Beklagte wiederum führte aus, dass er selbst eine Blutuntersuchung nicht hätte durchführen können, hierzu jedoch auch nicht verpflichtet gewesen sei, da sich die Klägerin trotz Kenntnis des Malariaverdachtes zuvor nicht in einem Krankenhaus vorgestellt hatte, obwohl ihr hierzu – konkret auch zur Durchführung einer Blutuntersuchung - drei Mal von anderer Seite geraten worden war. Die Blutuntersuchung sei von ihr jedoch verweigert worden. Dieses Verhalten sei der Klägerin zur Last zur legen. Das erstinstanzliche Gericht erkannte einen Befunderhebungsfehler des Beklagten. Er sei verpflichtet gewesen, weitere Laboruntersuchungen zu veranlassen bzw. die Klägerin in ein Krankenhaus einzuweisen. Ein Mitverschulden der Klägerin sei nicht zu sehen. Der telefonische Ratschlag, ein Krankenhaus aufzusuchen, welcher von der Klägerin nicht befolgt worden sei, entlaste den Beklagten nicht dahingehend, dass man unterstellen könne, was die Klägerin nach ausdrücklichem Hinweis von Seiten des Beklagten als Arzt im persönlichen Gespräch auf diese Empfehlung gesagt hätte. Gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 13.09.2017 (Az. 2-18 O 175/07), welches den Beklagten zur Schadensersatzpflicht verurteilte, legte der Beklagte Berufung ein. Das Oberlandesgericht Frankfurt folgte in seinem Urteil vom 21.03.2017 (Az. 8 U 228/11) den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichtes. Der Senat kam zu dem Ergebnis, dass dem Beklagten sowohl ein Behandlungsfehler in Form eines vorwerfbaren Diagnosefehlers als auch in Form einer therapeutischen Aufklärung anzulasten sei. Der Beklagte hätte im vorliegenden Fall neben der durchaus vertretbaren Verdachtsdiagnose eines Magen-Darm-Infektes auch die Verdachtsdiagose Malaria stellen müssen. Hinsichtlich der Malaria bestanden für den Beklagten eindeutige konkrete Anhaltspunkte. Die streitigen Gesprächsinhalte der Notfallbehandlung konnten nicht aufgeklärt werden, entsprechend legte der Senat den unstreitigen Teil des Gespräches seiner Entscheidung zugrunde. Unstreitig war in diesem Fall lediglich, dass sich die Klägerin zuvor im nicht europäischen Ausland aufgehalten hatte. Im Weiteren folgte der Senat den Ausführungen des Sachverständigen, dass der Beklagte aufgrund der Symptome zunächst an eine Tropenerkrankung hätte denken müssen. Auch die Forderung nach einer Blutuntersuchung von Seiten der Klägerin, die der Senat als gegeben ansah, hätte ebenfalls Anlass gegeben, an insbesondere Malaria zu denken. Weiter führte der Senat aus, dass dem Beklagten auch ein Fehler hinsichtlich der therapeutischen Aufklärung unterlaufen sei. Der Beklagte wäre hier zumindest verpflichtet gewesen dafür Sorge zu tragen, dass die Klägerin einer weiteren diagnosesichernden Untersuchung zugeführt wird bzw. die Klägerin explizit darauf hinzuweisen. Den Fehler hinsichtlich der therapeutischen Aufklärung wertete der Senat als grob; hinsichtlich der unterlassenen weiteren Diagnostik legte der Senat die Maßstäbe der unterlassenen Befunderhebung zugrunde, sodass der Klägerin im Ergebnis unter zwei Aspekten eine Umkehr der Beweislast zugutekam. Ein Mitverschulden der Klägerin sah der Senat, ebenso wie die erste Instanz, nicht. Der Senat führte aus, dass der Klägerin nicht vorgehalten werden könne, dass sie im Rahmen eines Afrikaaufenthaltes keine Malariaprophylaxe durchgeführt hatte, da es nicht entscheidend ist, ob der Patient durch eigenes Verschulden behandlungsbedürftig wird oder nicht. Dem Einwand des Beklagten, dass die Klägerin ihm ihren Malariaverdacht nicht mitgeteilt habe, folgte der Senat unter dem Hinweis, dass der Beklagte dbzgl. beweispflichtig geblieben sei, ebenfalls nicht. Ferner hatte der Beklagte im Rahmen der Berufungsbegründung vortragen lassen, dass sich die Klägerin durch die Einnahme von Beruhigungsmitteln in einen Zustand der Bewusstlosigkeit und Reaktionsunfähigkeit versetzt habe. Auch dieses Argument sah der Senat nicht als tragfähig an, da diese Argumentation als neues Beweismittel im Rahmen der Berufung unzulässig ist. Weiter scheidet ein Mitverschulden auch unter dem Aspekt aus, dass der Beklagte behauptet habe, dass die Klägerin die Unvollständigkeit der ärztlichen Behandlung von Seiten des Beklagten klar hätte erkennen müssen. Ein derartiges Mitverschulden wäre nur anzunehmen, soweit die Unvollständigkeit der ärztlichen Informationen sich dem Patienten aufdrängen müsste. Dies war im vorliegenden Fall jedoch nicht der Fall. Insbesondere ist und war die Klägerin keine Ärztin, sodass diese eine Gesamtbeurteilung letztendlich nicht durchführen konnte.

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