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AutorenbildDr. med. Inken Kunze

BGH: Behandlungsfehler bei Absehen von einer ärztlichen Maßnahme

Der BGH hatte am 22.12.2015 (VI ZR 67/15) über die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu entscheiden, die die Beklagten im Verfahren aus eigenem und übergegangenen Recht ihres verstorbenen Ehemannes in Anspruch nahm. Der Senat gab dem Berufungsgericht ausdrücklich auf zu beachten, dass ein Behandlungsfehler nicht erst dann vorliegt, wenn von einer "zwingend" gebotenen Behandlungsmaßnahme abgesehen werde; behandlungsfehlerhaft sei es bereits, wenn das Unterbleiben der Maßnahme dem im Zeitpunkt der Behandlung bestehenden medizinischen Standard zuwiderläuft. Der Standard sei dabei dasjenige Verhalten, das von einem gewissenhaften und aufmerksamen Arzt in der konkreten Behandlungssituation aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereiches im Zeitpunkt der Behandlung erwartet werden könne.

Der Rechtsstreit wurde im Übrigen aufgrund einer Gehörsverletzung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da nach Auffassung des Senats nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin und bei der dann gebotenen Ergänzung der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung aller Umstände des gesamten Falls zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre. Die Klägerin hatte nach Auffassung des Senats ausreichend konkret vorgetragen und ihr Vorbringen unter Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachten gestellt. Der Vorlage eines Privatsachverständigengutachtens zum Beleg der Behauptungen bedürfe es dabei grundsätzlich nicht.

Darüber hinaus wies der Senat ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der Berufungsinstanz um eine zweite, wenn auch eingeschränkte Tatsacheninstanz handele, deren Aufgabe in der Gewinnung einer "fehlerfreien und überzeugenden" und damit "richtigen" Entscheidung des Einzelfalls bestehe. Die Prüfungskompetenz sei insoweit nicht auf Verfahrensfehler und damit auf den Umfang beschränkt, in dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliege.

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