Nachlieferung fehlender Unterlagen auf Nachfrage des MD – Vergütungsausschluss nach PrüfvV?
Diese Frage verneinte das LSG Niedersachsen-Bremen in seiner Entscheidung vom 17.12.2021 (Az. L 16/4 KR 18/20). Das Krankenhaus hatte hier also einen Anspruch auf die streitige Vergütung.
Dem Klageverfahren zu Grunde lag die Klage des Krankenhauses für die Vergütung eines stationären Aufenthalts aus dem Jahr 2018. Nach Abrechnung des Aufenthalts leitete die beklagte Krankenkasse das Prüfverfahren ein. Prüfgegenstand war der OPS 8-981.1. Der MD forderte konkret benannte Unterlagen an. Diese übersandte das Krankenhaus und schickte darüber hinaus weitere bildgebende Befunde. Der MD prüfte den Fall und strich den vorgenannten OPS. Er führte diesbezüglich ausweislich, dass sich aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen ab einem gewissen Zeitpunkt keine ärztliche Dokumentation mehr finde. Nachdem die Beklagte dem Krankenhaus das vorstehende Ergebnis mitgeteilt und sodann ihren vermeintlichen Erstattungsanspruch aufgerechnet hatte, bat die Klägerin um die Einleitung eines Nachverfahrens gemäß § 9 PrüfvV (2016). Begründend führte sie aus, dass sich aus der ärztlichen Dokumentation ergebe, dass der neurologische Befund jeweils vom untersuchenden Arzt zeitgerecht erhoben und dokumentiert worden sei. Daraufhin wurde das Nachverfahren eingeleitet. Der MD prüfte die ihm noch vorliegende elektronisch archivierte Krankendokumentation und konnte nach Durchsicht die von der Klägerin genannte ärztliche Dokumentation nicht finden. Sie wandte sich daher telefonisch an die Klägerin, die sodann die ärztliche Dokumentation der Stroke-Unit vorlegte. Der MD bestätigte sodann die Kodierung des OPS 8-981.1.
Die Beklagten lehnte dennoch unter Verweis auf versäumte Prüffristen nach § 7 Abs. 2 PrüfvV (2016) die Rückzahlung der aufgerechneten Vergütung ab.
Dieser Auffassung erteilte das LSG Niedersachsen-Bremen eine Absage und hob die erstinstanzliche Entscheidung des SG Stade auf. Zwar habe die Klägerin nicht nachweisen können, dass sie sämtliche angeforderten Unterlagen dem MD von Anfang an übersandt habe, allerdings seien in der hier vorliegenden Konstellation die Fristen des § 7 Abs. 2 PrüfvV (2016) nicht anwendbar. Zur Überzeugung des Senats erfolgte die Nichtvorlage der ärztlichen Dokumentation nicht bewusst, sondern allenfalls versehentlich. Dies belege der Ablauf des Verfahrens. Daraus ergebe sich weder eine fehlende noch eine verzögerte Mitwirkung der Klägerin. Es handele sich daher vorliegend um ein Versehen. Ein derartiges Versehen löse nach dem Regelungszweck von § 7 Abs. 2 PrüfvV (2016) nicht den Ausschluss des Vergütungsanspruchs aus. Die Regelung diene vorrangig dem Zweck das Prüfverfahren zwischen den Beteiligten (inklusive MD) effektiver und konsensorientierter zu gestalten. Durch telefonische Nachfrage des MD bei der Klägerin, die daraufhin unmittelbar die fehlende Dokumentation nachreichte, sei dieser Zweck gefördert worden. Zudem sehe § 7 Abs. 4 PrüfvV (2016) vor, dass der MD im schriftlichen Verfahren in den unmittelbaren Austausch mit dem Krankenhaus gehen könne. Im Zuge dessen müsse es auch möglich sein, dass in der bestehenden Massenverwaltung auf mögliche Fehler hingewiesen werden könne, um diese zügig zu beheben. Diesem Ergebnis stünde auch nicht der Wortlaut von § 7 Abs. 2 PrüfvV entgegen. Die dort beschriebene Nachlieferung von Unterlagen setze primär voraus, dass das Krankenhaus überhaupt Kenntnis über fehlende Unterlagen hat. Dies sei hier vorliegend nicht der Fall gewesen. Im Gegenteil die Klägerin sei davon ausgegangen, dass sämtliche angeforderten und erforderlichen Unterlagen dem MD im Rahmen der Erstprüfung vorgelegen hätten. § 7 Abs. 2 PrüfvV müsse letztlich eng ausgelegt werden, da er die Möglichkeit einräume, tatsächlich ordnungsgemäß erbrachte Leistungen von der Vergütung abzuschneiden.
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