BGH: Ärztliche Heilbehandlung ist keine Ausübung eines öffentlichen Amtes i.S. von Artikel 34 GG
Die Abgrenzung der Tätigkeit eines Durchgangsarztes – privatrechtlich oder in Ausübung eines öffentlichen Amtes i. S. von Art. 34 GG – wurde vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 20.12.2016 (Az. VI ZR 395/15) erneut thematisiert. Im Anschluss an die Entscheidung vom 29.11.2016 (Az. VI ZR 208/15) hat der Senat klargestellt, dass die ärztliche Heilbehandlung regelmäßig nicht Ausübung eines öffentlichen Amtes i.S. von Art. 34 GG sei, auch nicht nach einem Arbeitsunfall. Denn die ärztliche Behandlung auch nach einem Arbeitsunfall stelle keine der Berufsgenossenschaft obliegende Aufgabe dar. Dem Durchgangsarzt obliege allerdings zu entscheiden, ob die allgemeine oder die besondere Heilbehandlung erforderlich ist. In Ausführung dieser der Berufsgenossenschaft obliegenden Aufgabe werde ein öffentliches Amt ausgeübt, was im Falle einer fehlerhaften Entscheidung über die Art der Heilbehandlung und einem hieraus resultierenden Schaden zur Haftung nicht des Durchgangsarztes persönlich, sondern der Berufsgenossenschaft nach Art. 34 S. 1 GG i.V.m. § 839 BGB führe. Gleiches gelte auch für die Überwachung des Heilungsverlaufes im Rahmen einer Nachschau, sofern sich der Durchgangsarzt dabei auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die bei der Erstvorstellung des Verletzten getroffene Entscheidung zu Gunsten einer allgemeinen Heilbehandlung aufrecht zu erhalten oder ob der Verletzte in die besondere Heilbehandlung zu überweisen ist. Werden vom Durchgangsarzt im Rahmen der Eingangsuntersuchung Untersuchungen zur Diagnosestellung durchgeführt und erfolgt auch die anschließende Diagnosestellung, so sind jedoch diese Maßnahmen als hoheitlich i.S. des Art. 34 S. 1 GG, § 839 BGB zu qualifizieren, da sie unabdingbare Voraussetzung für die Entscheidung sind, ob eine allgemeine Heilbehandlung oder eine besondere Heilbehandlung erfolgen soll. Sie bildet damit die Grundlage der der Berufsgenossenschaft obliegenden, in Ausübung eines öffentlichen Amtes erfolgenden Entscheidung. Hieran ändere im Übrigen auch nichts, wenn der Durchgangsarzt sich - in zulässiger Weise oder auch amtspflichtwidrig unter Verstoß gegen seine Verpflichtung, die durchgangsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben – hat vertreten lassen.