Praxisdurchsuchung – Pauschale Beschlagnahme aller Daten unzulässig
- Prof. Dr. iur. Pascal Becker-Wulf
- 16. Mai
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Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 27.01.2025 (Az. 12 Qs 60/24) eine Beschlagnahmeanordnung aufgehoben, die eine pauschale Mitnahme aller beim verdächtigen Arzt gespeicherter Patientendaten vorsah.
In einem Ermittlungsverfahren wegen Abrechnungsbetrugs zu Lasten der GKV kann die vollständige Kopie aller Patientendaten einer Arztpraxis zur späteren Durchführung der Durchsicht verhältnismäßig sein, wenn die Praxis-EDV einen partiellen Datenexport in angemessener Zeit nicht zulässt. Allerdings ist eine vorherige Durchsicht der Daten erforderlich. Ohne vorherige Durchsicht ist die Beschlagnahme rechtswidrig.
Ist am Durchsuchungsort eine Durchsicht bzw. Sortierung der Daten nach ihrer Verfahrensrelevanz nicht möglich, kann die vorläufige Sicherstellung des gesamten Datenbestands erfolgen, an die sich eine unmittelbare Prüfung der Daten auf Verfahrensrelevanz anzuschließen hat.
In dem entschiedenen Fall wurden bei einem Arzt mangels Filtermöglichkeit der Daten – etwa nach dem Versicherungsstatus (GKV, Selbstzahler, Beihilfe) – alle Daten gesichert, unabhängig von der Verfahrensrelevanz. Eine vorherige Sichtung der Daten oder unmittelbare Anschlusssichtung fand nicht statt.
Das Gericht hat die Beschlagnahmeanordnung aufgehoben, da Ermittlungsbehörden nur jene Daten beschlagnahmen dürfen, die tatsächlich für das Strafverfahren relevant sein können. Daher müssen Ermittelnde zunächst alle Daten sichten, bevor sie eine Beschlagnahme vornehmen. So soll verhindert werden, dass von der Beschlagnahme für das Ermittlungsverfahren nicht relevante Daten nicht betroffen sind.
Im Rahmen von Praxisdurchsuchungen ist somit regelmäßig darauf zu achten, dass die Beschlagnahmeanordnungen nicht den zulässigen Umfang überschreiten. Zukünftig ist jedoch auch im Nachgang darauf zu achten, dass etwaige Daten entweder vor Ort oder unmittelbar nach Beschlagnahme gesichtet werden.
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