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AutorenbildDr. med. Inken Kunze

Mangelnde Risikoaufklärung und Plausibilität des Entscheidungskonflikts

Beschreibt der aufklärende Arzt dem Patienten die Wahrscheinlichkeit, dass eine Komplikation eintritt, als „sehr sehr gering“, stellt er das mit der Behandlung verbundene Risiko unzutreffend dar, wenn die statistische Eintrittshäufigkeit der Komplikation bis zu 4% beträgt. Das OLG Nürnberg hat mit Urteil vom 22.05.2023 – Az. 5 U 2251/21 die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche, klageabweisende Urteil des Landgerichts Nürnberg dennoch zurückgewiesen, da der Kläger bei dem von Beklagtenseite erhobenen Einwand der hypothetischen Einwilligung einen echten Entscheidungskonflikt nicht plausibel machen konnte. Die Aufklärungsrüge war vom Kläger insofern zwar grundsätzlich zu Recht erhoben worden. Auch wenn vor einem medizinischen Eingriff die in Betracht kommenden Risiken nicht exakt beschrieben werden müssen und es auch nicht erforderlich sei, die Häufigkeit von Komplikationen unter Angabe von Prozentzahlen genau mitzuteilen, so dürfe der Arzt beim Patienten jedoch keine falsche Vorstellung über das Ausmaß der mit der Behandlung verbundenen Gefahr erwecken und dadurch das Risiko einer verhältnismäßig häufig auftretenden Komplikation verharmlosen. Maßgeblich sei der allgemeine Sprachgebrauch im konkreten Kontext. Die Wendung „sehr sehr gering“ vermittele den Eindruck, die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Ereignisses sei vernachlässigenswert niedrig. Der Arzt konnte sich jedoch darauf berufen, dass der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über das Risiko einer Nervverletzung bei Implantation einer Hüftgelenksprothese in die Operation eingewilligt hätte. Unter Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 21.06.2022, Az. VI ZR 310/21 hörte der Senat des OLG den Kläger persönlich an, um den anwaltlich vorgetragenen Gründen für und gegen einen Entscheidungskonflikt durch konkrete Nachfrage nachzugehen und sie auch aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Patienten sachgerecht beurteilen zu können. In Ansehung der vom Kläger geschilderten Situation war es für den Senat nicht plausibel, dass der Kläger die Operation in Frage gestellt hätte, wäre ihm das Risiko einer Nervverletzung nicht nur – wie geschehen – benannt, sondern die Wahrscheinlichkeit für eine derartige Verletzung als „gelegentlich“ bezeichnet oder eine Häufigkeit von 1% bis 4% genannt worden.


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