Unterlassene Sehnervuntersuchung bei einer 11jährigen mit Diabetes mellitus
Die Klägerin leidet seit ihrem 10. Lebensjahr an Diabetes mellitus. Diesbezüglich befand sie sich auch in augenärztlicher Behandlung bei der Beklagten. Die ursprünglichen Untersuchungen zeigten keinen pathologischen Befund, doch im Sommer 2008 kam es dann zu einer deutlichen Visusverschlechterung. Im Rahmen der weiteren Vorstellungen wurde der Ursache der Visusverschlechterung nicht nachgegangen sondern diese einer psychischen Belastung zugeordnet. Bereits im Rahmen der ersten Instanz wurden die unterlassenen weitergehenden Untersuchungen von Seiten des das Landgericht beratenden Sachverständigen als grob fehlerhaft eingestuft, es wurde ein Teil-Schmerzensgeld i.H. v. 25.000,- Euro ausgeurteilt. Im Rahmen der Berufung hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 10.05.2016 (Az. 26 U 107/15) bestätigt, dass es die Beklagte in grob fehlerhafter Weise unterlassen hat, eine weitergehende Untersuchung durchzuführen, die dann zu einer sofortigen Krankenhauseinweisung geführt hätte. Der gerichtlich eingesetzte Sachverständige führte in diesem Zusammenhang aus, dass die Betrachtung des Sehnerves bereits zur Basisuntersuchung gehören würde und darüber hinaus die Symptome, die bei der Klägerin im März 2009 aufgetreten waren, deutlich auf einen erhöhten Augeninnendruck hingewiesen haben und ein sofortiges Einschreiten mit Medikamenten und eine Notfalleinweisung hätte nach sich ziehen müssen. Im weiteren Verlauf hat sich bei der Klägerin die Sehfähigkeit von zuvor noch dokumentierten 60 % auf unterhalb von 30 % auf dem rechten und 16 % auf dem linken Auge verschlechtert. Der Sachverständige wies darauf hin, dass unterhalb einer Sehkraft von 40 % ein flüssiges Lesen nicht mehr gewährleistet sei. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen hat das Oberlandesgericht Hamm das Schmerzensgeld um weitere 55.000,- Euro auf 80.000,- Euro erhöht. Der Senat wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass den Ausführungen des Landgerichtes, dass zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine drohende Erblindung zu einem unbekannten Zeitpunkt erfolgen würde und daher lediglich ein Teil-Schmerzensgeld von lediglich 25.000,- Euro als angemessen anzusehen sei, nicht gefolgt werden kann. Im vorliegenden Fall wurde nicht ausreichend berücksichtigt, dass es aufgrund der erheblichen Visusverschlechterung zu einer deutlichen Reduzierung der Lebensqualität der Klägerin gekommen ist bzw. noch in Zukunft kommen werde. Der Senat weist in diesem Zusammenhang explizit darauf hin, dass das Schmerzensgeld lediglich für die derzeit bestehenden Einschränkungen und die zukünftig absehbaren Folgen berechtigt sei, nimmt jedoch ausschließlich den Umstand der vollständigen Erblindung aus dem Schmerzensgeldbetrag heraus, da deren Eintritt nicht zeitlich hinreichend und sicher absehbar sei.