Claudia Mareck

19. Sept. 20161 Min.

BGH: Untreue bei Verordnung ohne spätere Leistung

Sofern ein Vertragsarzt Leistungen verordnet und im Zeitpunkt der Verordnung weiß, dass diese nicht erbracht werden, macht er sich der Untreue schuldig. Der BGH hat mit Urteil vom 16.08.2016 (Az: 4 StR 163/16) entschieden, dass Vertragsärzte einer Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Vermögen der Krankenkassen unterliegen. Ein chirurgisch tätiger Vertragsarzt hatte mit einem Betreiber von regionalen Gesundheitszentren kooperiert, welche u.a. Physiotherapie und Krankengymnastik anboten. Im Zeitraum der Jahre 2005 bis 2008 verordnete er in nahezu 500 Fällen verschiedene physiotherapeutische Leistungen oder gerätegestützte Krankengymnastik für Patienten, die er nicht untersucht hatte. Die Gesundheitszentren rechneten die verordneten Leistungen ab, ohne diese zu erbringen. Hierdurch entstand den Krankenkassen ein Schaden in Höhe von etwa 50.000,- EUR. Die Einnahmen verblieben nicht beim Vertragsarzt, sondern bei den Gesundheitszentren. Der BGH urteilte, dem Chirurgen oblag wie allen Vertragsärzten eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Krankenkassen. Mit einer Verordnung eines Heilmittels erkläre er, dass das Heilmittel notwendig und wirtschaftlich sei und konkretisiere damit den Anspruch gesetzlich Versicherter. Ihm obliege eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Vermögen der Krankenkassen, welche vorliegend gravierend verletzt sei. Strafrechtlich wurde der Sachverhalt daher als Untreue, nicht dagegen als Beihilfe zum Betrug gewertet. Der Chirurg war vom Landgericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der BGH schätzte diese Strafe als maßvoll ein.