Stephan Grundmann

15. Dez. 20192 Min.

LSG NRW: Auch geringer qualifizierter Praxisnachfolger kann geeigneter Bewerber sein

Aktualisiert: Jan. 30

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 24.06.2019 (Az. L 11 KA 62/18 B ER) die Beschwerde einer Mitbewerberin um einen Vertragsarztsitz in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zurückgewiesen und eine Anordnung der sofortigen Vollziehung des Sozialgerichts Düsseldorf (Az. S 14 KA 64/18 ER) bestätigt. Vorliegend musste die Frage geklärt werden, ob die sofortige Vollziehbarkeit der Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes auf Antrag der nicht berücksichtigten Bewerberin aufgehoben werden müsse.
 

 
Bei der hierfür vorzunehmenden Interessenabwägung musste neben der Rechtmäßigkeit der Ausgangsentscheidung auch geprüft werden, ob die Vollziehung mit unbilligen Härten einhergehen würde. Vorliegend kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass dem beklagten Berufungsausschuss keine Ermessensfehler in der Bewerberauswahl unterlaufen seien. Dabei ging das Gericht sogar davon aus, dass keine gleiche Eignung der Bewerber vorlag. Vielmehr bestand ein gewisser Qualifikationsvorsprung der abgelehnten Bewerberin. Vorliegend waren aber die nach § 103 Abs. 6 S. 2 SGB V zu beachtenden Interessen der in der BAG verbleibenden Praxispartner höher zu bewerten als die Kriterien der beruflichen Eignung, des Approbationsalters und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit. Ein geringer qualifizierter, aber dennoch „geeigneter“ Bewerber kann nach Ansicht des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ausgewählt werden, wenn der besser qualifizierte Bewerber den anderen BAG-Partnern nicht „zumutbar“ ist. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn sich ein Bewerber an der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht beteiligen und die Tätigkeit des ausscheidenden Arztes in der BAG nicht fortsetzen wolle. Die Nachfolge werde einem Bewerber dann versperrt, wenn die verbleibenden Praxisinhaber sich eindeutig zu Gunsten eines anderen Bewerbers aussprechen würden.
 

 
Letztlich kam es im vorliegenden Fall auch nicht darauf an, ob der abgebende Arzt missbräuchlich durch eine Rücknahme des Ausschreibungsantrags die unterlegene Bewerberin benachteiligte. Eine missbräuchliche Rücknahme könne lediglich zur Folge haben, dass zu Lasten des Praxisabgebers das Nachbesetzungsverfahren nicht neuerlich eröffnet wird. Nach Eröffnung könne die unterlegene Bewerberin aber keinen eigenen Nutzen daraus ziehen.