Dr. med. Inken Kunze

8. Juli 20202 Min.

Irreführende Werbung einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis für einen eigenen Notdienst

Das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 06.03.2020 (Az. 6 U 140/19) einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis unter teilweiser Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils untersagt, irreführend für einen eigenen Notdienst zu werben. Die Klägerin – Zahnärztekammer Nordrhein – übt als Körperschaft des öffentlichen Rechtes die Berufsaufsicht über die Zahnärzte in ihrem Kammerbezirk aus. Die Beklagte, eine zahnärztliche Praxisgemeinschaft, warb auf einer Webseite unter anderem mit einem Notdienst, den sie an allen Wochentagen und samstags, sonntags sowie an Feiertagen jeweils von 07:00 bis 22:00 Uhr anbietet. Erst am Ende der Seite erfolgte ein Hinweis, dass es sich nicht um den Notdienst der Kassenzahnärztlichen Vereinigung oder der Zahnärztekammer Nordrhein handele.
 

 
Der Senat begründete den Unterlassungsanspruch mit einer irreführenden Nutzung einer Internetseite der Beklagten. Es sei zum einen nicht erkennbar, dass es sich um die Internetseite einer Praxis oder einer Zahnklinik handele, da lediglich eine neutrale Bezeichnung, die auf eine Gemeinschaft von Ärzten hinweise, enthalten sei. Darüber hinaus werde auf der Internetseite prominent und im Rahmen eines Blickfangs auf den zahnärztlichen „Notdienst“ hingewiesen. Aus der Art der Darstellung und dem konkreten Hinweis ergebe sich nicht, dass es sich allein um den von der Beklagten selbst organisierten Notdienst handele; vielmehr werde der Eindruck vermittelt, es handele sich um den von der Klägerin organisierten Notdienst. Die Richtigstellung am Ende der Seite begründe kein anderes Ergebnis, da im Rahmen der deutlichen Hervorhebung des (eigenen) Notdienstes der Praxis als Blickfang auch kein Verweis auf den Notdienst der Klägerin erfolge. Zwar sei es erlaubt, eine Notfallbehandlung anzubieten. Auch eine gesetzlich zulässige und damit objektiv richtige Angabe könne aber irreführend sein, wenn sie beim angesprochenen Verkehr zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, sein Kaufverhalten zu beeinflussen. Im vorliegenden Fall werden die angesprochenen Verbraucherkreise (Patienten auf der Suche nach dem Zahnarztnotdienst) darüber getäuscht, dass es sich um den von der Klägerin organisierten Notdienst handele. Die Irreführung sei erheblich, da sie geeignet sei, bei einem erheblichen Teil der Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen und die zu treffende Markterschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Eine nicht unerhebliche Anzahl von Patienten wird seine Entscheidung, einen bestimmten Zahnarzt aufzusuchen, auch davon abhängig machen, ob es sich um den organisierten Notdienst der Klägerin handelt. Zahlreiche Patienten würden diesen Notdienst bewusst unterstützen wollen, damit das entsprechende Angebot dauerhaft aufrecht erhalten werden kann.