Dr. med. Stefan Hübel

8. Juli 20201 Min.

Erhöhte Substantiierungspflicht des klagenden Patienten im Rahmen der Berufung

Das Oberlandesgericht Dresden hat in seinem Urteil vom 12.05.2020 (Az. 4 U 1388/19) darauf hingewiesen, dass die klagende Partei im Rahmen des Berufungsverfahrens verpflichtet ist, medizinisch fundiert vorzutragen, dies auch unter Bezugnahme auf ein Privatgutachten, medizinische Leitlinien bzw. auch medizinische Fachliteratur, um damit das erstinstanzliche Gerichtsgutachten zu beanstanden. Der Kläger hatte die Beklagte bezüglich einer durchgeführten radikalen Prostatektomie in Anspruch genommen. Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie mündlicher Anhörung des Sachverständigen zurückgewiesen. Im Rahmen der Berufung hatte der Kläger ausgeführt, dass seiner Auffassung nach die Operation nicht indiziert gewesen sei und nicht den Behandlungsstandards entsprochen habe. Der Senat hat daraufhin am 04.11.2019 einen Hinweisbeschluss erlassen, und den Kläger darauf hingewiesen, dass er seiner Substantiierungspflicht im Berufungsverfahren nicht nachgekommen sei. Der Senat weist nun in dem vorliegenden Beschluss erneut darauf hin, dass diese Auffassung des Senates zutreffend sei. Der Kläger ist verpflichtet, im Rahmen der Berufung nicht nur das erstinstanzliche Vorbringen zu wiederholen, auch müsse er konkrete Anhaltspunkte vortragen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung begründen können. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Der Kläger hätte diesbezüglich z.B. ein Privatgutachten vorlegen oder innere Widersprüche im Gutachten vortragen können. Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden. Zwar nimmt der Bezug auf eine S3-Leitlinie, interpretiert diese jedoch unzutreffend. Ergänzend weist der Senat auch darauf hin, dass ein Facharzt im Rahmen der vollumfänglichen Aufklärung nicht verpflichtet ist, für eine alternative Behandlungsmethode, die in den Bereich eines anderen Fachgebietes fällt, einen Facharzt aus diesem Fachgebiet zur Aufklärung hinzuzuziehen.