Claudia Mareck

1. Aug. 20161 Min.

BGH: Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens bei fehlender Einwilligung bezüglich Operateur

Ein Patient, der entgegen mit der vom Krankenhaus getroffenen Wahlarztvereinbarung nicht vom Chefarzt, sondern vom stellvertretenden Oberarzt operiert wird, hat möglicherweise einen Anspruch auf Schadensersatz, so der BGH mit Urteil vom 19.07.2016 (Az. VI ZR 75/15). In der geschlossenen Wahlleistungsvereinbarung hat der Patient sich bewusst für den Chefarzt als Operateur entschieden und ist letztlich von einem anderen Arzt operiert worden. Der BGH verwies nochmals ausdrücklich darauf, dass in solchen Fällen der Patient rechtzeitig aufgeklärt werden muss, wenn ein anderer Arzt an die Stelle des Chefarztes treten soll. Dies steht im Einklang der bisherigen Rechtsprechung des BGH, dass wahlärztliche Leistungen grundsätzlich von dem Wahlarzt selbst durchgeführt werden müssen, sofern nicht die Ausführung seiner Kernleitung durch einen Stellvertreter wirksam vereinbart wurde (Vergleiche zu den diesbezüglichen Voraussetzungen bereits BGH, Urteil vom 20.12.2007, Az. III ZR 144/07). Wurde die Stellvertretung nicht wirksam vereinbart, kann der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht erhoben werden, weil dies dem Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses bei ärztlichen Eingriffen (§ 823 Abs. 1 BGB) widerspricht. Insofern kann nicht vorgetragen werden, dass der Eingriff in seiner konkreten Ausführung nicht anders verlaufen wäre, wenn ihm der Chefarzt selbst vorgenommen hätte. Ansonsten könne man sich mit diesem Einwand einer Haftung entziehen, sodass der rechtswidrige Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten im Ergebnis sanktionslos bliebe. Das Urteil zeigt somit anschaulich, dass ein bedachtes Vorgehen bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarungen und Durchführung der Kernleistung auch deshalb erforderlich ist, um haftungsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.