Dr. med. Stefan Hübel

20. Nov. 20192 Min.

Befundung einer Röntgen-Thoraxaufnahme für Pulmologen nicht fachfremd

Die Klägerin machte als Erbin ein Schmerzensgeld bzgl. ihres verstorbenen Ehemannes dahingehend geltend, als dass sie den Beklagten eine fehlerhafte Diagnosestellung und unterlassene Befunderhebung vorhielt. Insbesondere wurde dem Beklagten zu 3) als Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie vorgehalten, eine Röntgen-Thoraxaufnahme vom 31.01.2014 fehlerhaft befundet und ein darauf erkennbares Lungenkarzinom übersehen zu haben. Das Landgericht Flensburg kam in seinem Urteil vom 02.08.2019 (Az. 3 U 198/15) sachverständig beraten zu dem Ergebnis, dass dem Beklagten zu 3) kein Diagnosefehler hinsichtlich der Beurteilung des oben genannten Röntgenbildes vorzuwerfen sei. Der gerichtliche Sachverständige aus dem Fachgebiet der Radiologie habe zwar im Rahmen der Nachbefundung auf dem Röntgenbild vom 31.01.2014 eine tumoröse Raumforderung festgestellt, allerdings sei im vorliegenden Fall der Facharztstandard eines Facharztes für Innere Medizin und Pneumologie entscheidend und nicht der eines Radiologen. Nach den (noch gültigen) Maßstäben eines Facharztes für Innere Medizin und Pneumologie gehöre die Befundung von Röntgen-Thoraxaufnahmen zu dessen Fachgebiet. Insoweit könne hier nicht von einer fachfremden Untersuchung ausgegangen werden, so dass der Standard des Fachgebietes der Inneren Medizin und Pneumologie hier als Grundlage anzusehen sei. Diesen Facharztstandard habe der Beklagte zu 3) durch die im Ergebnis fehlerhafte Diagnose jedoch nicht unterschritten. Die von den Beklagten zu 3) gestellte Diagnose sei im vorliegenden Fall weder unvertretbar noch subjektiv unverständlich. Insofern bewertete das Landgericht Flensburg die Fehlinterpretation des Röntgenbildes im vorliegenden Fall als nicht haftungsrelevanten Diagnoseirrtum. Der pneumologische Sachverständige hatte in diesem Zusammenhang insbesondere ausgeführt, dass ein Facharzt-Prüfling bei einer Fehlinterpretation dieses Röntgenbildes nicht durchfallen würde. Die Frage, ob im vorliegenden Fall weitergehende Untersuchungen angezeigt gewesen wären, wurde von dem Sachverständigen ebenfalls verneint, dies vor dem Hintergrund, dass bezüglich der ausschlaggebenden Untersuchung vom 31.01.2014 gerade kein vorwerfbarer Diagnosefehler vorlag.