Claudia Mareck

15. Juli 20162 Min.

BAG legt Kündigung eines Chefarztes wegen Wiederverheiratung dem EuGH vor

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 28.07.2016 in dem Verfahren 2 AZR 746/14 folgende Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt: Ist die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) dahin auszulegen, dass die Kirche für ein katholisches Krankenhaus verbindlich bestimmen kann, bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten zwischen Arbeitnehmern zu unterscheiden, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören?

Dem zu beurteilenden Dienstverhältnis zwischen Krankenhaus und Chefarzt lag die vom Erzbischof von Köln erlassene Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse aus dem Jahr 1993 (GO) zugrunde. Nach Art. 4 GO wird von den Mitarbeitern die Anerkennung der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erwartet. Gemäß Art. 5 Abs. 2 GO kommt eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen bei schwerwiegenden Loyalitätsverstößen in Betracht. Als solcher Verstoß wird grundsätzlich auch der Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der katholischen Kirche ungültigen Ehe angesehen. Der Chefarzt heiratete nach vorheriger Scheidung erneut standesamtlich, das Krankenhaus sprach daraufhin eine ordentliche Kündigung aus. Das BAG entschied diesen Fall eigentlich bereits im Jahr 2011 zugunsten des Chefarztes (Urt. v. 08.09.2011, Az. 2 AZR 543/10). Das in Folge mit dem Fall befasste Bundesverfassungsgericht hob diese Entscheidung jedoch auf und verwies sie an das BAG mit der Begründung zurück, dass kirchliche Selbstbestimmungsrecht habe vom BAG nicht völlig außer Acht gelassen werden dürfen (Beschl. v. 22.10.2014, Az. 2 BvR 661/12). Die vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem grundgesetzlich garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht und dem verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie sowie dem Interesse am Erhalt des Arbeitsplatzes des Chefarztes hat das BAG nun nicht vorgenommen, sondern den EuGH ins Spiel gebracht. Im Übrigen würde das kirchliche Arbeitsrecht zum 01.08.2015 reformiert, die Vorschriften galten jedoch noch nicht zum Kündigungszeitpunkt des Chefarztes.