Dr. med. Stefan Hübel

5. Juli 20172 Min.

Oberlandesgericht Schleswig: Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens in Arzthaftungsangelege

Die Antragstellerin hatte im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens einen umfangreichen Fragekatalog aufgestellt, in dem insbesondere auch nach Behandlungsalternativen der letztendlich durchgeführten Myomentfernung mittels Querlaparatomie gefragt wurde. Darüber hinaus wurde nachgefragt, ob die durchgeführte Behandlung für sich genommen bereits fehlerhaft erfolgte und ob weitere Befunde hätten erhoben werden müssen. Das Landgericht Itzehoe hatte den Antrag der Antragstellerin vollumfänglich zurückgewiesen. Es erfolgte Hinweis, dass die Fragen zum einen sich auf Aufklärungsfragen beziehen, die im selbständigen Beweisverfahren nicht geklärt werden können. Darüber hinaus würden die weiteren Fragen der Ausforschung dienen. Hiergegen legte die Antragstellerin sofortige Beschwerde ein, der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Schleswig gab der sofortigen Beschwerde vollumfassend statt. Hiergegen legte die Antragsgegnerin zu 1) Rechtsbeschwerde ein. Die Rechtsbeschwerde wurde vom 16. Senat des Oberlandesgerichts Schleswig mit Beschluss vom 07.06.2017 (Az. 16 W 54/17) ebenfalls negativ beschieden. Die Antragsgegnerin zu 1) hatte zunächst die fehlende Zuständigkeit des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Schleswig gerügt und auf den 4. Senat des Oberlandesgerichts Schleswig (Arzthaftungssenat) verwiesen. Der 16. Senat wies darauf hin, dass der 4. Senat nur für Rechtsmittel in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten über Schadensersatzansprüche aufgrund ärztlicher Behandlung zuständig sei. Im vorliegenden Fall betraf die sofortige Beschwerde jedoch ein selbständiges Beweisverfahren, diese falle in den Bereich der „unverteilten“ Beschwerden und somit in die Zuständigkeit des 16. Senates. Weiteren Vorhalt der Beklagten zu 1), dass die Fragen nach etwaigen Behandlungsalternativen die Aufklärung der Antragstellerin betreffen würden, folgte der 16. Senat nicht. Er wies darauf hin, dass die Antragstellerin nicht die Aufklärung an sich in Frage stellt. Vielmehr sei die Frage dahingehend zu interpretieren, ob die ihr zugeratene Maßnahme indiziert gewesen sei oder nicht. Auch dem Vorhalt des Ausforschungsbeweises folgte der 16. Senat nicht. Der 16. Senat wies darauf hin, dass aufgrund der reduzierten Substantiierungspflicht auf Seiten der Antragstellerin es der Antragstellerin frei stehe, Behauptungen, hinsichtlich derer sie keine genaue Kenntnis habe, mittels gezielter Fragen überprüfen zu lassen. Dieses Ergebnis hält der 16. Senat auch für prozessökonomisch. Es sei der Antragsgegnerin nicht zuzumuten, einzelne Fragen bezogen auf bestimmte Zeitpunkte und vorgehaltene Fehler zu stellen. Der 16. Senat weist abschließend noch darauf hin, dass es sich vorliegend um einen Grenzfall handelt, in dem ein großzügiger Maßstab von Seiten des Senates angelegt wird. Dies hält der Senat jedoch für gerechtfertigt und verweist auf die Rechtsprechung des BGH Beschluss vom 24.09.2013 (Az. VI ZB12/13).