Dr. med. Stefan Hübel

13. Juni 20172 Min.

Sachverständigenablehnung wegen angeblicher Überschreitung des Gutachtenauftrages

Das Oberlandesgericht Bamberg hatte über die sofortige Beschwerde im Zusammenhang mit einem Befangenheitsantrag wegen Überschreitung des Gutachtenauftrages (Beschluss vom 07.3.2017, Az. 4 W 16/17) zu entscheiden. Im Rahmen der sofortigen Beschwerde wurde gerügt, dass der Sachverständige Ausführungen zu präoperativen Diagnostik getätigt habe, obwohl der Gutachtenauftrag lediglich auf die Beurteilung ausgelegt war, ob eine Operation ordnungsgemäß erfolgt sei. Hierin sah der Senat keine Überschreitung des Gutachtenauftrages, da zur Beurteilung, ob eine Operation fehlerhaft durchgeführt wurde, auch die Frage verknüpft ist, ob die Indikation zur Operation bestand. Eine Überprüfung der Indikation kann lediglich durch Beurteilung der präoperativen Diagnostik erfolgen. Insofern beinhaltet die Frage nach einer ordnungsgemäß durchgeführten Operation auch immer die Frage nach der entsprechenden präoperativen Diagnostik. Des Weiteren hatte sich der Sachverständige auch zur postoperativen Nachsorge geäußert. Der Sachverständige war in seinem Gutachtenauftrag allerdings lediglich nach Fehlern hinsichtlich der Durchführung der Operation gefragt worden. Allerdings verhielt es sich so, dass bereits vor dem Beweisbeschluss der Vorhalt einer fehlerhaften Nachbehandlung erhoben wurde. Der Sachverständige hatte den Auftrag dahingehend interpretiert, dass auch die Nachbehandlung beurteilt werden soll. Der Senat wertet die Auslegung des Sachverständigen bezogen auf den Beweisbeschluss und die Einbeziehung der Nachbehandlung als korrekt an. Unter Würdigung der Gesamtumstände wertet der Senat die Auslegung des Sachverständigen dahingehend, dass dieser im guten Glauben gehandelt habe. Insofern fehlt es an den Voraussetzungen, die die Besorgnis einer Befangenheit begründen könnten. Im Ergebnis kommt der Senat zu dem Beschluss, dass eine Überschreitung des Gutachtensauftrages – für sich allein gestellt – noch nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen begründet. Zusätzlich müssen auch von Seiten des Sachverständigen Belastungstendenzen zu Ungunsten einer Partei erkennbar sein. Letztendlich kann lediglich im Einzelfall überprüft werden, inwieweit sich aus dem Verhalten eines Sachverständigen Belastungstendenzen entnehmen lassen. Auch der Vorhalt, dass ein Sachverständiger, der seinen Gutachtenauftrag überschreitet, Aufgaben des Gerichtes wahrgenommen hat, oder dem Gericht einen Weg zur Entscheidung gewiesen hat, begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit, da ein derartiger Verstoß nicht die Neutralität des Sachverständigen in Frage stellt.