Claudia Mareck

9. März 20163 Min.

BGH: Bereicherungsanspruch und Liquidationsrecht des Krankenhauses bei wahlärztlichen Leistungen?

Der BGH hat sich in einem Urteil vom 14.01.2016 (Az. III ZR 107/15) mit der Frage befasst, gegenüber wem der Patient einen Anspruch wegen überhöhter Rechnungsstellung geltend machen muss, sofern das Liquidationsrecht bei wahlärztlichen Leistungen nicht dem Wahlarzt, sondern dem Krankenhaus zusteht. Ist Anspruchsgegner das Krankenhaus oder aber der Wahlarzt? Eine private Krankenversicherung hatte einen Wahlarzt aus abgetretenem Recht einer Versicherungsnehmerin in Anspruch genommen und von ihm eine teilweise Rückzahlung des Honorars gefordert. Die wahlärztlichen Leistungen waren dienstvertraglich den Dienstaufgaben des Chefarztes zugeordnet, ihm wurde kein eigenes Liquidationsrecht eingeräumt, er erhielt eine Beteiligungsvergütung, die Forderung zog das Krankenhaus ein. Die mit der Patientin geschlossene Wahlleistungsvereinbarung gab den Gesetzestext des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG wieder und enthielt den Hinweis, dass die wahlärztlichen Leistungen nicht Gegenstand des Vertrages mit dem Krankenhaus, sondern Inhalt eines gesonderten Behandlungsvertrages mit den Wahlärzten seien, auch die Haftung des Krankenhauses wurde insoweit ausgeschlossen (gespaltener Arzt-Krankenhaus-Vertrag). Das Krankenhaus liquidierte gegenüber der Patientin über einen Abrechnungsservice, wobei die Zahlung auf ein Konto des Krankenhauses erfolgte. Die Versicherung wertete die Rechnung als überhöht und ließ sich etwaige Rückforderungsansprüche abtreten, verklagte im Anschluss lediglich den Wahlarzt.

Der BGH urteilte wie folgt: Steht dem behandelnden Wahlarzt kein eigenes Liquidationsrecht zu und übt der Krankenhausträger das Liquidationsrecht bei wahlärztlichen Leistungen selbst aus, ist ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wegen überhöhter Rechnungsstellung grundsätzlich gegenüber dem Krankenhausträger geltend zu machen. In einem solchen Fall steht dem Patienten kein Anspruch aus Leistungskondiktion gegen den behandelnden Wahlarzt zu, weil zwischen beiden kein Leistungsverhältnis zustande gekommen ist. Der Wahlarzt hat letztlich durch die Leistung des Patienten bereicherungsrechtlich nichts erlangt. Daran ändert die Beteiligungsvergütung nichts. Dies gilt sowohl aus der maßgeblichen Sicht des Krankenhauses als auch aus Sicht des Wahlarztes: Eine Leistung des Patienten gegenüber dem Wahlarzt ist bei eigenständigem Liquidationsrecht des Krankenhausträgers nicht erbracht worden. Er kann somit nicht Schuldner sein und ist nicht passivlegitimiert.

Damit werden Klagen privater Versicherungsträger im Zusammenhang mit wahlärztlichen Leistungen zukünftig zumindest dann gegen den Krankenhausträger gerichtet werden, wenn dem Wahlarzt vertraglich kein Liquidationsrecht eingeräumt wurde. Zahlreiche Krankenhäuser haben mittlerweile auf ein Beteiligungsmodell umgestellt, so dass die Wahlleistungsvereinbarungen sowie die geschlossenen Behandlungsverträge auf dem Prüfstand stehen.

Folgende (weitere) Grundsätze sind der BGH-Entscheidung zu entnehmen:

  • Sämtliche Wahlleistungen sind zwingend Krankenhausleistungen, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 2. HS KHEntgG

  • Eine Wahlleistungsvereinbarung ist stets zwischen Krankenhaus und Patient abzuschließen, ohne dass es einer Beteiligung des Wahlarztes bedarf

  • Enthält die Wahlleistungsvereinbarung den Hinweis, dass ein gesonderter Behandlungsvertrag mit dem Wahlarzt zustande kommt, führt dies nicht dazu, dass die Wahlleistungsvereinbarung zwischen Patient und Arzt geschlossen wird, betroffen ist lediglich die Frage des Behandlungsvertrages mit dem Arzt (hierbei kann das Krankenhaus auch als Vertreter für den Arzt auftreten)

  • Liegt eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhaus vor, kann der Patient daneben gesonderte Behandlungsverträge mit den Ärzten abschließen; ob dies erfolgt ist, ist im Einzelfall anhand der konkreten Vertragsgestaltung und Vorgehenswiese bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung auszulegen. Dabei sind die Fälle totaler Krankenhausaufnahmevertrag, gespaltener Arzt-Krankenhaus-Vertrag sowie totaler Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag zu unterscheiden.

Bedauerlicher Weise ist mit dem Urteil nicht die lang ersehnte und in den Vorinstanzen diskutierte Frage geklärt, ob dem Krankenhausträger das originäre Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen zusteht. Eine solche Auslegung legt das Urteil zwar grundsätzlich nahe, jedoch hat der BGH am Ende seines Urteils explizit darauf hingewiesen, dass er hierüber letztlich nicht zu entscheiden brauchte. Damit kann die Frage nicht endgültig rechtssicher als geklärt angesehen werden.