Dr. med. Inken Kunze

5. März 20162 Min.

Schönheitsoperation: Behandlungsfehler und Aufklärung zum Nichterreichen des vereinbarten Ziels

Aktualisiert: 22. Jan. 2021

Der 26. Senat des OLG Hamm hat im Urteil vom 18.12.2015 (Az. I-26 U 127/15, 26 U 127/15) bei einer Schönheitsoperation die Vereinbarung zwischen Patient und Behandler zu dem mit der Operation zu erreichenden ästhetischen Ziel für maßgeblich erklärt, wenn es um die Bewertung des Vorliegens eines Behandlungsfehlers geht. Bei einer rein kosmetischen Operation richte sich — mangels medizinischer Indikation — die Frage nach einem fehlerhaften operativen Vorgehen danach, was die Parteien zuvor vereinbart haben. Es komme darauf an, welches ästhetische Ziel mit der Operation erreicht werden sollte. Die in den Aufklärungsbögen enthaltenen Einzeichnungen zur Schnittführung dienten allerdings lediglich der Veranschaulichung der Narbenführung, nicht der Festlegung der Länge der Narben. Sei lediglich ein Facelift vereinbart worden, könne die Nichtdurchführung eines Schläfenlifts nicht als fehlerhaft angesehen werden.

Darüber hinaus reiche bei der Aufklärung zur Straffung der Augenlider und zur operativen Gesichtsstraffung der Hinweis auf mögliche notwendige Korrekturoperationen und darauf, dass das Ergebnis der Operation als schlechter empfunden werde als der Zustand vor der Operation, sowie - zusätzlich hinsichtlich der Gesichtsstraffung - auf mögliche Narbenveränderungen. Der Patient müsse zwar bei kosmetischen Operationen, die in erster Linie nicht der Heilung eines körperlichen Leidens dienten, über die Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen umso ausführlicher und eindrücklicher informiert werden; der Patient müsse auch darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen er günstigenfalls erwarten könne. Dem Patienten sei insofern das Für und Wider der kosmetischen Operation mit allen Konsequenzen vor Augen zu stellen. Bei dem dem Arzt obliegenden Beweis der ordnungsgemäßen Aufklärung seien jedoch keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen an den Arzt zu stellen. Hierbei habe der Tatrichter sowohl die besondere Situation zu berücksichtigen, in der sich der Arzt während der Behandlung mit dem Patienten befinde, als auch die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben könne. Sei — entsprechend der BGH-Entscheidungen zu den Anforderungen an den Nachweis einer ausreichenden Risikoaufklärung (so z. B. BGH VersR 1985, 361 und BGH GesR 2014, 227) — einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich ein Patient aus vielerlei Gründen im Nachhinein an den genauen Inhalt eines solchen Gespräches, das vor allem von therapeutischer Bedeutung sei, nicht mehr erinnern könne.